Selten ist besser? Achtung, kontrovers!
Als ein Mensch, der noch nie ein Auto besessen hat und Vollzeit arbeitet, bin ich in der Ausübung meines Hobbys zeitlich und räumlich ziemlich eingeschränkt. Somit spielt sich mein fotografisches Werken zu 99 % in meiner direkten Umgebung ab, in den Gebieten, die ich zu Fuß, mit dem Fahrrad oder vielleicht auch mal mit der Bahn gut erreichen kann. Dies bedeutet natürlich auch eine Reduktion in der Motivauswahl, ganz besonders in Bezug auf Tiere. Ich kann ja nur das fotografieren, was ich vor meiner Linse finde. Blaufußtölpel finden sich da eher selten im Altmühltal, um nur mal ein Beispiel zu nennen.
Leider ist es bei ganz vielen Menschen so, dass etwas Seltenes eine höhere Bedeutung in ihrem Ansehen einnimmt als das Alltägliche. Ich fand diese Einstellung in Bezug auf Tiere und Tierfotografie im Speziellen irgendwie schon immer schade und kann sie in weiten Teilen auch nicht nachvollziehen. Bei Briefmarken, okay. Aber warum sollte ein Tier, ein Lebewesen und mithin dann unser Motiv, nur aufgrund seiner Seltenheit 'mehr wert' sein?
Für mich ist diese Gewichtung der Wertigkeit aufgrund von Seltenheit ganz klar ein Fall von Dünkel. Der Fotograf, der mehr (zeitliche) Mühen und Kosten auf sich genommen hat, ein seltenes Tier abzulichten, erhält mehr Beifall als gleichwertige Aufnahmen von Allerwelts-Tieren. Im schlimmsten Fall geht es nicht darum, wer die künstlerisch ansprechenderen Fotos macht, hier geht es nur darum, wer mehr Geld und Zeit hat.
Ich möchte hiermit mal eine Lanze brechen für die Tiere, die wir ständig um uns herum sehen. Wer sich mal die Mühe macht, vor der eigenen Tür, manchmal nur innerhalb der nächsten 100 Meter,
wirklich aufmerksam seine Umgebung zu betrachten, dem erschließen sich wunderbare Welten. Einfach mal die frechen Spätzchen auf dem Dach gegenüber beobachten und ich meine, den kleinen quirligen Gesellen wirklich mal ein bisschen länger zusehen! Oder nehmen wir eines
meiner absoluten Lieblingstiere, die Enten. Das sind wunderschöne Tiere mit so einem variablen Farbspiel im Gefieder, dazu noch sehr erheiternd in ihrem Verhalten. Und was die Füße angeht: Ja, blaue Füße sind schön, aber die knallig orangen Dino-Schlappen eines Erpels stehen dem in nichts nach.
Auch die Makrowelten eröffnen einem regelrechte Universen von Tieren, von denen man eventuell vorher noch nie etwas gehört hat und in die man sich einfach verlieben muss, wie z. B. den
knuffigen Kugelspringer mit seinem Härchen-Po oder die Wasserspringer mit ihrer herrlichen graublauen Färbung.
Versucht doch einfach mal beim nächsten Spaziergang richtig darauf zu achten, was da alles so um uns herum wuselt und ob es sich nicht lohnt, auch diese Tiere mal ein bisschen zu beobachten und so schön wie möglich in Szene zu setzen.
Macht es ein Foto künstlerisch wertvoller, weil das Tier selten ist? Und wenn ja, werden damit die
weniger privilegierten Fotografen nicht per se in ihrem Wirken herabgesetzt?
Wie siehst Du das?
Hier ein paar Fotos der letzten Wochen von absolut alltäglichen Tieren und Pflanzen:
















